zum eigenen Code
Zu meinem Code: der Mensch ist potentiell immer mehr als er seiner empirischen Realität nach ist. Er hat Zukunft. Er kann werden. Er träumt, eksistiert, indem er sich selbst ver-spricht.
Das heißt für die Grundlage der schauspielerischen Arbeit mit den Studierenden:
Nicht allein dem, was er/sie schon sind und waren, sondern ihrem SeinKönnen sollen sie an-vertraut werden. Nicht der Wirklichkeit sollen sie angepasst werden, sondern dem utopischen Potential, das in ihnen eksistiert, sollen sie angenähert werden.
Eine Zeitlang habe ich diese Art von SchauspielerIn – frei nach Peter Handke (Spiel vom Fragen) – „Wahrspieler“ genannt, woraus sich der Gegenpol „Falschspieler“ ergab. Jetzt bin ich mehr als skeptisch gegen eine Ja-Nein, Gut-Böse, Freund-Feind Dialektik geworden. Natürlich kann man den Beruf der SchauspielerIn auch ganz anders interpretieren.
It’s everybody’s own choice.
Aber ich selbst plädiere dafür, dass sich das Max Reinhardt Seminar, entgegen dem Druck der Zeit, nicht in Richtung Markt und Einzelkämpfertum („monologische“ Kunstauffassung) entwickelt. Vielleicht vermag es eine Institution zu bleiben und zu werden, deren „heilige Aufgabe“ (Max Reinhardt) in einer Kunst des Dialogs, einer Ensemblekunst besteht und die den Traum vom Menschen – gerade inmitten einer zum Markt, zur Egomanie und zur Bürokratie sich hinentwickelnden Welt – weiterträumt und weitertradiert.
Nicht marktgerechte SchauspielerInnen brauchen wir, sondern solche, die sich dem Horizont der Kunst versprechen. Damit der Mensch nicht aufhöre zu träumen.
Dazu Max Reinhardt aus seiner Rede über den Schauspieler, die er 1928 an der Columbia University in New York gehalten hat: „Die dem Menschen eingeborene, aber vom Leben nicht befruchteten Möglichkeiten entfalten in der Schauspielkunst ihre dunklen Schwingen und tragen ihn weit über sein Wissen hinaus in den Mittelpunkt wildfremder Geschehnisse. Er erlebt … das ganze unbegreifliche Leben im Traum.“